Bildung

Einleitung

Unser Bildungssystem steht unter Angriff. Über alle Stufen, alle Ausbildungswege und alle Altersgruppen hinaus wird die Chancengerechtigkeit geschwächt und die persönlichen Ressourcen oder die Ressourcen des Elternhauses werden immer mehr zum entscheidenden Erfolgsfaktor, obwohl alle ein Grundrecht auf Bildung haben. Der Kanton Basel-Stadt deutet an, dass sie die Chancengerechtigkeit fördern wollen, bspw. durch Reformen, um ein inklusives Schulsystem zu fördern. Es ist aber anhand der steigenden Kosten, der schwächeren Chancengerechtigkeit und der wachsenden Proteststimmen aus etlichen Bildungsbereichen klar, dass diese Reformen ungenügend sind. Der Staat muss die Bildung priorisieren, es ist ein Grundrecht und ohne gute und attraktive Ausbildung drohen etliche gesellschaftliche Krisen, wie etwa Fachkräftemangel. Es braucht starke Änderungen, um eine faire Ausbildung und eine echte Chancengerechtigkeit zu erreichen.

Volksschule & Chancengleichheit

Das Schweizer Bildungssystem weist bis heute noch keine vollständige Chancengerechtigkeit auf. Verantwortlich dafür ist teilweise das Bildungssystem der Schweiz selbst.

Durch die leistungsbezogene Selektion und die Allokationsfunktion der Volksschule, behindert das System die vollständige Inklusion und tatsächliche Chancengerechtigkeit.

Dies zeigt sich in Basel-Stadt folgendermassen: Die leistungsbezogene Selektion in die Niveauzüge der Sekundarschule stellen eine Gefahr für Chancengerechtigkeit dar. So zeigt sich im Zahlenspiegel 2022/23 des Erziehungsdepartements, dass die Anzahl der Schüler*innen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in den höheren Leistungszügen deutlich höher ist als jener mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Zudem sagen die Statistiken aus, dass Schüler*innen deutschsprachiger Herkunft deutlich höher in den höheren Niveauzügen vertreten sind als Schüler*innen mit fremdsprachiger Herkunft.

Durch die leistungsbezogene Selektions- und Allokationsfunktion und durch die nicht vorhandene Chancengerechtigkeit schaffen das Bildungssystem und die Basler Volkshochschule Ungleichheit. Bildungsungleichheit, die sich (verkürzt gesagt) direkt in soziale Ungleichheit ummünzen lässt.

Aus diesem Grund ist es notwendig, einen Systemwechsel im Bildungswesen durchzuführen. Wir wollen ein inklusives Schulsystem, dass Schüler*innen nicht auf ihre Leistungen reduziert, ein Schulsystem, das chancengerecht ist und Schüler*innen nicht aufgrund ihrer (sozialen) Herkunft, ihres Geschlechts oder weiteren Differenzkategorien benachteiligt/ bevorzugt.

Konkret fordern wir deshalb, dass Noten in der Primarschule abgeschafft und die Differenzierung in Leistungszüge in der Sekundarstufe 1 aufgelöst werden. Stattdessen soll, wie es der Lehrplan 21 verlangt, tatsächlich kompetenzorientiert unterrichtet werden. Nur so entsteht ein inklusives, gerechtes Bildungssystem, das gleiche Chancen für alle bietet.

Ein weiteres Hindernis für ein chancengerechtes System ist die noch mangelnde Frühförderung, sowie die mangelnde Förderung durch ausserschulische Förderangebote, die für Kinder aus Haushalten mit geringeren Ressourcen entscheidend sein können. Die grösstmögliche Chancengerechtigkeit kann durch Investitionen in die Frühförderung gewährt werden. Um die Chancengerechtigkeit zu verstärken, fordern wir ein ausreichendes ausserschulisches und kostenfreies Angebot zur Förderung von akademischen, motorischen, kognitiven, sozialen, sprachlichen, emotionalen, musikalischen und kulturellen Kompetenzen für alle Kinder sowie Angebote zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung. Zudem fordern wir eine Ausweitung von Frühförderungsangebote.

Ein inklusives, chancengerechtes Schulsystem ist aber nur umsetzbar, wenn darin Arbeitsbedingungen herrschen, die Lehr- und Fachpersonen auch inklusiv arbeiten lassen. Hierfür schliessen wir uns den Forderungen des VPOD Region Basel im Zusammenhang der Weiterentwicklung der inklusiven Schule an. Darüber hinaus fordern wir eine Reduktion der Lektionenanzahl in der Jahresarbeitszeit: Die ausserunterrichtlichen Aufgaben haben auf allen Stufen der Volksschule zugenommen. Seien es administrative Aufgaben, Elternarbeit oder die individuelle Beratung und Betreuung von Schüler*innen. Dies soll in der Jahresarbeitszeit stärker berücksichtigt und deswegen die Pflichtlektionenzahl reduziert werden.

Berufslehre & Berufsmaturität

Die Berufslehre ist eine Ausbildungsform, die in der Wirtschaft wurzelt, und für viele zu den ersten Schritten im Berufsleben gehört. Allerdings sehen sich heute leider viele Lernende mit schlechten Anstellungs- und Arbeitsbedingungen konfrontiert, und dies zu einem viel zu kleinen Lohn - die Mehrheit der Lernenden EBA verdienen in der gesamten Lehre weniger als 1000 CHF im Monat und die Mehrheit der Lernenden EFZ verdienen in den ersten zwei Lehrjahren weniger als 1000 CHF im Monat. Denn Lernende werden wie alle anderen Arbeiter*innen angestellt, um dem Unternehmen Profit zu generieren. Diesen generieren sie aber nicht etwa erst am Schluss, wenn sie ausgelernt sind, sondern bereits vor Beendigung der Lehre, da viele von ihnen vorzeitig fähig sind, die meisten Arbeiten selbstständig zu erledigen. Auch die berufsfremden Arbeiten dürfen hier nicht vergessen werden, welche mensch vielen Lernenden unter dem Motto “Lehrjahre sind keine Herrenjahre” aufgibt. Der Grund für die betriebsfremden Arbeiten ist einfach: Es ist beispielsweise günstiger, die Lernenden den Betrieb putzen zu lassen, als dafür Putzpersonal einzustellen.

Integraler Bestandteil der Beziehung zwischen Betrieb und Arbeitnehmer*innen sind die Rechte der Arbeitnehmer*innen. Lernende sind häufig aufgrund ihrer geringen Erfahrung in der Arbeitswelt eher zurückhaltend, was die Einforderung ihrer Rechte angeht. Eine bessere Aufklärung über ihre Rechte muss stattfinden, und es muss besser kontrolliert werden, dass Betriebe die Rechte von Lernenden einhalten.

Eine beliebte Erweiterung zur Lehre ist die Berufsmaturität. Gegen Ende der Lehre ist mensch mit einer BM im Vergleich zu einer Lehre ohne BM einen Halbtag mehr in der Schule. Aber dieser Einsatz lohnt sich, denn mensch kann mit diesem Abschluss direkt nach der Lehre an die Fachhochschule und sich in einem berufsnahen Studiengebiet spezialisieren. Wer die Anforderungen erfüllt, muss die BMS besuchen dürfen. Alle, die eine Lehre absolvieren, sollen ohne Zwang durch den Lehrbetrieb selbst entscheiden können, ob eine BM angestrebt wird oder nicht. Um die Lernenden bei dieser Herausforderung zu unterstützen, ist der Lehrbetrieb dafür verantwortlich, dass die Auszubildenden sowohl genügend praktische Erfahrungen sammeln können als auch genügend Zeit zum Lernen zur Verfügung haben.

Wer nicht schon die BM1 während der Lehre gemacht hat, kann mit der BM2 nach dem Abschluss einer Lehre eine Berufsmaturität erlangen. Dabei hat mensch scheinbar den Vorteil, einen Lohn zu erhalten und einen Teil seiner Unabhängigkeit zu bewahren. Da man jedoch arbeitstätig ist, werden einem dadurch auch jegliche Ansprüche auf Stipendien gestrichen, auch wenn der reduzierte Lohn kaum zum Leben ausreicht.

Immer mehr werden die Umstände für Lernende ungerechter und die Berufslehre wird von Jahr zu Jahr unattraktiver. Diese Ausbeutung der Lernenden muss jetzt aufhören!

Um eine echte Wertschätzung und Entlöhnung der Arbeit von Lernenden, eine Förderung der Berufslehre und einen vereinfachten Zugang zur BM zu erreichen, fordern wir:

  • einen kantonalen Mindestlohn für Lernende.
  • Massnahmen gegen Unterforderung im Betrieb und gegen einen übermässigen Anteil berufsfremder Arbeiten.
  • mindestens 7 Wochen Ferien für Lernende.
  • eine verbesserte Aufklärung der Lernenden über ihre Rechte.
  • demokratisch gewählte Kontrollgremien, zusammengesetzt aus Lernenden, Gewerkschaften und Staat, die die Erhaltung guter Arbeits- und Bildungsstandards für Lernende kontrollieren.
  • dass alle, die die Anforderungen erfüllen, die BM absolvieren dürfen.
  • dass Stipendien und Ausbildungszulagen auch für Personen in Teilzeitanstellung zur Verfügung stehen.

Ergänzend zu unseren Forderungen unterstützen wir die Forderungen der Basler Lernendenbewegung Scorpio. Zu ihren Forderungen gehören eine bessere pädagogische Ausbildung für Berufsbildner*innen, die Bereitstellung der Arbeitsausrüstung und die Abschaffung von obligatorischen Vorlehrpraktika.

Hochschulen & Ausbildungsbeiträge

Die Studiengebühren machen im Budget der Uni Basel nur einen sehr kleinen Teil der Einnahmen aus. Gleichzeitig können sich nicht alle Studierende, die über 800 Franken pro Semester leisten. Neben den hohen Mieten, Prämien und all den anderen Kosten, die während eines Studiums anfallen, sind die Studiengebühren eine zusätzliche Belastung für Viele und der Grund, warum mensch sich einen Nebenjob suchen muss und sich nicht voll aufs Studium fokussieren kann. Wenn hingegen das Studium durch die Eltern finanziert wird, ist dies nicht nötig und mensch kann sich voll auf das Lernen konzentrieren. Dies kreiert einen unfairen Vorteil für Menschen, die finanzielle Unterstützung durch die Eltern erhalten. Bildung, auch an der Uni, soll für alle da sein, nicht nur für diejenigen, die es sich leisten können.

Auch für Erwachsene ist die Chancengerechtigkeit in der Bildung nicht gewährleistet. Finanzielle Hürden hindern viele Personen daran, eine Ausbildung in der gewünschten Zeit zu absolvieren, eine Umschulung zu beginnen oder einen Branchenwechsel zu vollbringen. Stipendien und Ausbildungsbeiträge zahlen ungenügend aus und viele Menschen, die sie bräuchten, können sie nicht beanspruchen. Es gibt viele Menschen, die Sonderausbildungen oder Umschulungen machen würden und mit ihren Weiterbildungen unsere Gesellschaft noch mehr bereichern würden. Es ist die Aufgabe des Staats, die Hindernisse auf dem Weg zur Bildung zu räumen.

Um die Hochschulausbildung attraktiver zu gestalten und um allen Menschen die Möglichkeit einer Hochschulausbildung zu gewährleisten, fordern wir:

  • die Abschaffung der Studiengebühren an allen Basler Hochschulen und Hochschulen, die von Basel-Stadt mitgetragen werden.
  • die Entlöhnung von verpflichtenden Hochschulpraktika.
  • die Erhöhung der Stipendien und Ausbildungsbeiträge.
  • das Senken der Hürden, um Stipendien und Ausbildungsbeiträge zu erhalten.
  • die starke Erweiterung der beitragsberechtigten Ausbildungen, Zweitausbildungen, Weiterbildungen und Umschulungen.
  • keine Verzinsung der Ausbildungsbeiträge in Form von Darlehen.