Eine orwellsche Begriffsverwirrung

01.07.2015

Warum die "Bildungsoffensive" der SVP keine ist . Von JUSO BS-Vorstandsmitglied und Nationalratskandidatin Jessica Brandenburger
Man könnte meinen, dass es auch in der Politik einen ganz kleinen Pool an Themen gäbe, bei denen sich alle, von links bis rechts einig sind. Ich dachte ja, dass die Wichtigkeit von Bildung ein solches Thema sei. Ich lag falsch. Letzte Woche präsentierte die SVP Basel-Stadt ihre sogenannte Bildungsoffensive. Was die Herren und Damen sich da aus den Fingern gesogen haben lässt mich nicht nur den Kopf schütteln, es macht mich richtig wütend.
Nehmen wir die Vorstösse doch einmal genauer unter die Lupe. Der Grossrat Joel Thüring fordert höhere Studiengebühren für ausländische Studierende. Dies, weil sie laut Thüring zu hohe Kosten verursachen würden. Es scheint, als hätte er gestern erst bemerkt, dass ein Studium in unserem Land etwas kostet. Ein Studium belastet ein_e Schweizer Student_in finanziell stark, jetzt stellen wir uns doch mal vor, wie das für ausländische Studierende erst ist. Mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses wurde die Schweiz noch mehr zur Hochpreisinsel. Es ist für ausländische Studierende also nochmals ein finanzieller Mehraufwand, in der Schweiz zu studieren. Doch es gibt immer noch Studierende aus dem Ausland, die diese finanzielle Belastung auf sich nehmen, um ein Semester oder gar ein ganzes Studium in der Schweiz zu absolvieren. Und ich bin ihnen dankbar dafür! Diese Studierenden sind nicht eine Belastung, sondern eine Bereicherung für unsere Stadt. Den auch sie müssen ja irgendwo wohnen, zahlen also Miete in Basel, essen in regionalen Restaurants und kaufen in unserer Stadt ein. Sie kurbeln nicht nur die Wirtschaft an, sie leben auch in unserer Stadt und machen sie bunter und ausgewogener. Ich möchte nicht in einer Stadt leben, in der es nur Thürings gibt. Ich möchte, dass Basel eine bunte Stadt ist, in der es für Jede_n einen Platz gibt, in der man miteinander anstatt gegeneinander lebt. Darum ist die Idee von Thüring nicht nur grob unsozial, sondern auch ein Armutszeugnis seiner verkappten Weltsicht.
Weiter fordert die SVP einen Numerus clausus für die Sozial- und Geisteswissenschaften. Dies, weil es laut Partei zu viele Studierende auf diesem Gebiet gebe und die Region ,,nicht noch mehr Psychologen benötigt’’. Liebe SVP, wenn ich lese, was ihr fordert, glaube ich schon dass es mehr Psycholog_innen in unserer Region braucht. Es ist einer der vielen Vorteile des Schweizer Bildungssystems, dass man frei wählen kann, was man studieren möchte. Ich finde es gescheiter, wenn man auf einem Gebiet studiert, das einen interessiert, bei dem man mit Herzblut bei der Sache ist, als wenn man studiert, was die Region jetzt gerade braucht. Wer sagt ausserdem, das man nach Studienabschluss in Basel bleibt? Die Weltsicht der SVP ist so klein und eingeschränkt, dass sie nicht in Betracht zieht, dass Menschen weg gehen und kommen, dass man neue Orten erkunden kann und auch anderswo glücklich werden kann.
Den Gipfel der Dreistigkeit liefert aber Grossrätin Daniela Stumpf. Sie fordert, dass die Maturitätsquote in Basel- Stadt gesenkt wird. Sie stelle eine ,,schleichende Akademisierung an den Volksschulen’’ fest. Echt jetzt? Sie will uns also sagen, dass unsere Schüler_innen zu schlau und zu gut ausgebildet sind? Das sie zu viel wissen? Das ihre Schulbildung zu hoch ist?
Frau Stumpf, ich bin nicht ganz sicher, ob sie das auch schon mitbekommen haben, aber Wissen ist ein unglaublich wertvolles Gut, das unbedingt weitergegeben werden soll. Wir können uns glücklich schätzen, so viele gut bildete, junge Leute in der Region zu haben. Schliesslich sind sie unsere, also auch ihre, Zukunft.
Das Problem ist nicht, dass es zu viele Studierte gibt, das Problem, das auch die SVP sieht, ist, dass es immer weniger junge Menschen gibt, die sich für eine Berufslehre entscheiden. Aber warum ist das so? Ich sehe das Problem in der schlechten Bezahlung und den zum Teil prekären Zuständen in den Lehrbetrieben. Die Juso Schweiz nimmt sich dieser Thematik in diesem Jahr mit ihrer Lernendenkampagne an. Die Lernenden müssen besser geschützt werden. Die Wirtschaft muss erkennen, das Lernende keine billigen Arbeitskräfte sind, sondern die Zukunft der Arbeitswelt, und so sollen sie auch behandelt werden.
Was soll der Grosse Rat nun aber tun, mit dieser ,,Bildungsoffensive’’ ?
Liebe Menschen im Grossen Rat: Schickt den Mist bachab und fordert die SVP auf Lösungen anstatt Regulierungen zu erarbeiten! Für eine gebildete Stadt, in der es Platz für ALLE hat!