18.11.2009
Heute berät der Grosse Rat einen Anzug und eine Interpellation zur Kulturpolitik von bürgerlichen Grossrät/innen unter der Führung von Baschi Dürr. Die JUSO begrüssen es, wenn die Finanzierung der kantonalen Kulturpolitik überdacht wird. Sie gehen aber mit Baschi Dürr nicht einig, wenn die Relevanz von Kulturprodukten (und damit ihre Förderung) zu strikt mit Publikumszuspruch verbinden will. Zudem wenden sich die Interpellanten direkt gegen die für die Jugend wichtige Institution Kaserne.
Wir teilen können die Aussagen aus der Regierungsantwort vollumfänglich:
„Kultur braucht Publikum. Jedoch kann der rein quantitative, ökonomisierte Ansatz nicht alleiniger Massstab dafür sein, ob eine Institution von der öffentlichen Hand sinnvoller- und gerechtfertigter Weise gefördert wird. Quantitative Grössen sagen nichts Abschliessendes aus über die künstlerische oder professionelle Qualität einer Institution bzw. ihrer Produktionen. Gerade Institutionen, welche auch Plattformen bieten für neue oder avantgardistische Kunst, sind auf öffentliche Förderung angewiesen, da nur diese den Spielraum bieten kann, Experimente zu wagen oder ungewohnte kulturelle Ausdrucksformen zu berücksichtigen ohne populären oder kommerziellen Erfolgsdruck. Nur mit diesem Freiraum kann sich eine Kunstform weiterentwickeln. Kriterien wie öffentliche Relevanz, künstlerische Qualität, professionelle Umsetzung, Beiträge zur kulturellen Vielfalt und Nachhaltigkeit sind neben den quantitativen Faktoren deshalb ebenso zentral für die .Ausstrahlung einer öffentlich geförderten Institution. Besucherzahlen sind ein wichtiger, aber nicht der einzige Indikator für den künstlerischen Erfolg einer Institution.“ (Quelle s. unten)
Aus diesem Gründen hoffen wir, dass auch der Ratschlag des Regierungsrates bzgl. der Subventionserhöhung für die Kaserne angenommen wird. Die Kaserne ist ein sehr wichtiges Haus für den lokalen Tanz-, Theater- und Musiknachwuchs – (fast) unabhängig vom Zuschauerzuspruch.
Weitere Dokumente:
Interpellation Dürr und Antwort des Regierungsrates
http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/000460/000000460717.pdf
Ratschlag des Regierungsrates zur Subventionierung der Kaserne sowie Baz-Artikel dazu.
http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/000469/000000469107.pdf
http://bazonline.ch/basel/stadt/Basel-will-Subventionen-der-Kaserne-erhoehen/story/26628410
Basler Zeitung 21.11.09, Gastbeitrag: Welche Kultur braucht Basel?
Lassen wir die Kultur nicht austrocknen
Pascal Pfister, Vize-Präsident der Jungsozialist/innen Basel-Stadt
Kultur hat in Basel zu Recht einen hohen Stellenwert und verschafft der Stadt eine Strahlkraft weit über die Landesgrenzen. Das ist gut so. Reden wir von Kulturpolitik, dann geht es um die staatliche Förderung von Künstler/innen und kulturellen Institutionen. Was soll die Rolle des Staates sein? Zunächst stellt sich auch die Frage: Was sollen Kunst und Kultur? Kunst soll einfach gesagt den Geist anregen. Sie soll unterhalten und emotional bewegen. Aber auch Denkprozesse anregen, hinterfragen, herausfordern und der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Um letzteres zu erreichen muss sie unabhängig sein.
Nun gibt es auf dem Kulturmarkt verschiedene Akteure: die Kultur-Konsument/innen, Mäzene, private Stiftungen und den Staat. Es gibt Projekte, die tragen sich (fast) selbst. Sie haben kommerziellen Erfolg, weil sie ein breites Publikum anzusprechen vermögen, das bereit ist für den Genuss und die Anregung ins Portemonnaie zu greifen. Oder weil eine Mäzenin oder ein Mäzen an ihnen Gefallen findet und sie tatkräftig unterstützt. Und es gibt Projekte, welche versuchen neue Wege zu gehen, Projekte, die verstören. Sie erreichen leider oft kein grosses Publikum. Trotzdem sind sie wichtig.
In der aktuellen kulturpolitischen Diskussion gibt es Stimmen, welche die Nachfrage nach einer bestimmten kulturellen Leistung vermehrt zum Entscheidungskriterium für die Verwendung von Steuermitteln machen wollen (vgl. Beitrag von Baschi Dürr 14.11.09). Das wäre nicht gut. Der Publikumszuspruch ist kein abschliessendes Kriterium für die Qualität von Kunst. Klar: Kultur braucht Publikum. Aber ein rein quantitativer, ökonomisierter Ansatz kann nicht der Massstab für die staatliche Förderung sein. Damit würde kritische und unbequeme Kunst verunmöglicht. Der Staat soll gerade die Institutionen und Projekte fördern, die neue Wege gehen und damit unter Umständen kommerziell scheitern. Gerade solche Projekte garantieren nämlich, dass Neues entsteht. Sie garantieren, dass die Kunst nicht austrocknet und zu einem verstaubten Relikt wird. Es braucht staatliches Risikokapital.
Als Jungsozialist sind mir natürlich auch die Jugendkultur, der Nachwuchs und die junge Kunst ein Anliegen. Hier wird experimentiert und die Kunst neu erfunden und sollte deshalb ein Schwerpunkt der staatlichen Förderung gelegt werden. Auch private Initiativen mit kommerziellem Charakter und etablierte Institutionen sind eine Bereicherung für die Stadt. Für sie soll der Staat aber vor allem gute Rahmenbedingungen bieten und den Projekten keine Steine in den Weg legen.
Verstehen wir uns richtig: ich will keine Staatskultur. Der Staat soll Mittel und Räume zur Verfügung stellen, auf die Inhalte aber keinen Einfluss nehmen (solange sie nicht menschenverachtend sind). Eine solche gängelnde Kulturpolitik wäre nicht besser als eine rein privatwirtschaftlich organisierte Kunstwelt, wie sie in den USA gang und gäbe ist. Kunst muss unabhängig sein. Vom Staat, aber eben auch von der Macht des Geldes
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Wir teilen können die Aussagen aus der Regierungsantwort vollumfänglich:
„Kultur braucht Publikum. Jedoch kann der rein quantitative, ökonomisierte Ansatz nicht alleiniger Massstab dafür sein, ob eine Institution von der öffentlichen Hand sinnvoller- und gerechtfertigter Weise gefördert wird. Quantitative Grössen sagen nichts Abschliessendes aus über die künstlerische oder professionelle Qualität einer Institution bzw. ihrer Produktionen. Gerade Institutionen, welche auch Plattformen bieten für neue oder avantgardistische Kunst, sind auf öffentliche Förderung angewiesen, da nur diese den Spielraum bieten kann, Experimente zu wagen oder ungewohnte kulturelle Ausdrucksformen zu berücksichtigen ohne populären oder kommerziellen Erfolgsdruck. Nur mit diesem Freiraum kann sich eine Kunstform weiterentwickeln. Kriterien wie öffentliche Relevanz, künstlerische Qualität, professionelle Umsetzung, Beiträge zur kulturellen Vielfalt und Nachhaltigkeit sind neben den quantitativen Faktoren deshalb ebenso zentral für die .Ausstrahlung einer öffentlich geförderten Institution. Besucherzahlen sind ein wichtiger, aber nicht der einzige Indikator für den künstlerischen Erfolg einer Institution.“ (Quelle s. unten)
Aus diesem Gründen hoffen wir, dass auch der Ratschlag des Regierungsrates bzgl. der Subventionserhöhung für die Kaserne angenommen wird. Die Kaserne ist ein sehr wichtiges Haus für den lokalen Tanz-, Theater- und Musiknachwuchs – (fast) unabhängig vom Zuschauerzuspruch.
Weitere Dokumente:
Interpellation Dürr und Antwort des Regierungsrates
http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/000460/000000460717.pdf
Ratschlag des Regierungsrates zur Subventionierung der Kaserne sowie Baz-Artikel dazu.
http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/000469/000000469107.pdf
http://bazonline.ch/basel/stadt/Basel-will-Subventionen-der-Kaserne-erhoehen/story/26628410
Basler Zeitung 21.11.09, Gastbeitrag: Welche Kultur braucht Basel?
Lassen wir die Kultur nicht austrocknen
Pascal Pfister, Vize-Präsident der Jungsozialist/innen Basel-Stadt
Kultur hat in Basel zu Recht einen hohen Stellenwert und verschafft der Stadt eine Strahlkraft weit über die Landesgrenzen. Das ist gut so. Reden wir von Kulturpolitik, dann geht es um die staatliche Förderung von Künstler/innen und kulturellen Institutionen. Was soll die Rolle des Staates sein? Zunächst stellt sich auch die Frage: Was sollen Kunst und Kultur? Kunst soll einfach gesagt den Geist anregen. Sie soll unterhalten und emotional bewegen. Aber auch Denkprozesse anregen, hinterfragen, herausfordern und der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Um letzteres zu erreichen muss sie unabhängig sein.
Nun gibt es auf dem Kulturmarkt verschiedene Akteure: die Kultur-Konsument/innen, Mäzene, private Stiftungen und den Staat. Es gibt Projekte, die tragen sich (fast) selbst. Sie haben kommerziellen Erfolg, weil sie ein breites Publikum anzusprechen vermögen, das bereit ist für den Genuss und die Anregung ins Portemonnaie zu greifen. Oder weil eine Mäzenin oder ein Mäzen an ihnen Gefallen findet und sie tatkräftig unterstützt. Und es gibt Projekte, welche versuchen neue Wege zu gehen, Projekte, die verstören. Sie erreichen leider oft kein grosses Publikum. Trotzdem sind sie wichtig.
In der aktuellen kulturpolitischen Diskussion gibt es Stimmen, welche die Nachfrage nach einer bestimmten kulturellen Leistung vermehrt zum Entscheidungskriterium für die Verwendung von Steuermitteln machen wollen (vgl. Beitrag von Baschi Dürr 14.11.09). Das wäre nicht gut. Der Publikumszuspruch ist kein abschliessendes Kriterium für die Qualität von Kunst. Klar: Kultur braucht Publikum. Aber ein rein quantitativer, ökonomisierter Ansatz kann nicht der Massstab für die staatliche Förderung sein. Damit würde kritische und unbequeme Kunst verunmöglicht. Der Staat soll gerade die Institutionen und Projekte fördern, die neue Wege gehen und damit unter Umständen kommerziell scheitern. Gerade solche Projekte garantieren nämlich, dass Neues entsteht. Sie garantieren, dass die Kunst nicht austrocknet und zu einem verstaubten Relikt wird. Es braucht staatliches Risikokapital.
Als Jungsozialist sind mir natürlich auch die Jugendkultur, der Nachwuchs und die junge Kunst ein Anliegen. Hier wird experimentiert und die Kunst neu erfunden und sollte deshalb ein Schwerpunkt der staatlichen Förderung gelegt werden. Auch private Initiativen mit kommerziellem Charakter und etablierte Institutionen sind eine Bereicherung für die Stadt. Für sie soll der Staat aber vor allem gute Rahmenbedingungen bieten und den Projekten keine Steine in den Weg legen.
Verstehen wir uns richtig: ich will keine Staatskultur. Der Staat soll Mittel und Räume zur Verfügung stellen, auf die Inhalte aber keinen Einfluss nehmen (solange sie nicht menschenverachtend sind). Eine solche gängelnde Kulturpolitik wäre nicht besser als eine rein privatwirtschaftlich organisierte Kunstwelt, wie sie in den USA gang und gäbe ist. Kunst muss unabhängig sein. Vom Staat, aber eben auch von der Macht des Geldes
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