Träge Schweiz soll Tempo machen!

17.08.2020

Leoni Bolz, Grossratskandidatin JUSO

Der Frauenanteil der Verwaltungsräte in den 129 untersuchten Unternehmen des Schilling Reports 2020 beträgt lediglich 19%. Betrachtet man dann noch die Präsidien dieser Verwaltungsräte sind es noch kümmerliche 3%! Generell gilt: Je höher die Hierarchiestufe, desto geringer der Frauenanteil.
Obwohl die Entwicklung der letzten Jahre positiv war, hinkt die Schweiz insgesamt den meisten anderen europäischen Ländern hinterher. In der Wirtschaft wie auch in der Politik muss also noch einiges aufgeholt werden, denn weder Politik noch Geschäftsführung sollen reine Männersache sein. Gezielte Förderungsprogramme, anonyme Bewerbungen, Verbesserung in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und freiwillige Quoten sind Massnahmen, die helfen können, diesen Gendergap zu verringern. Denn es kann nicht sein, dass dort, wo qualifizierte Frauen vorhanden sind, Männer bevorzugt werden, nur weil sie Männer sind. Und was erst recht nicht geht, ist, dass wenn die Frau es doch nach oben schafft, sie einen geringeren Lohn für gleichwertige Arbeit erhält. Das BFS eruierte 2016 eine unerklärbare Lohndifferenz von 7.7%!

Doch die Schweiz hinkt nicht nur bezüglich Gleichstellung anderen europäischen Ländern hinterher. Auch in der Nachhaltigkeit braucht es mehr Tempo. Denn bereits 1979 tagte die erste Weltklimakonferenz; das Problem des Klimawandels ist schon längst anerkannt. Doch heute, im Jahr 2020, ist noch erschreckend wenig unternommen worden. Es reicht nicht aus, dass einige Leute, die es sich leisten können, in Eigenregie vorbildlich leben. Es braucht politische Massnahmen, um vorwärts zu kommen. Die Einwohner*innen der Schweiz sollen sich nicht bei jedem Lebensmittel überlegen müssen, ob es sich um ein fair produziertes und umweltfreundliche Produkt handelt, sondern es sollten nur solche Produkte angeboten werden! Ein Zugbillett sollte nicht teurer sein als ein Flugbillett – ein solches Flugbillett sollte nicht legal sein! Nachhaltige Projekte und Technologien sollten noch mehr gefördert und klimaschädliche stärker besteuert werden.
Das Coronavirus hat eindrücklich gezeigt, was alles möglich ist, wenn die Politik will. Die Zeit ist mehr als reif dafür, dass auch beim Thema Umweltschutz und Gleichstellung die Handlungsbereitschaft vorhanden sein muss. Argumente wie «das kostet zu viel», «Unternehmer*innen könnten abwandern» oder «Eigenverantwortung» sind in unserer jetzigen Situation schlicht nicht akzeptabel. Wenn wir nichts unternehmen, wird es uns teurer zu stehen kommen.
Ich war genügend lange Zuschauerin, jetzt möchte ich mich einbringen, unsere Zukunft mitgestalten und konstruktiv meinen Teil beitragen. Dabei ist mir eine pragmatische, weltoffene und soziale Vorgehensweise wichtig. Statt Propaganda und Extremismus unterstütze ich Inhalt und Kompromisse zum Wohl aller. Weniger Konsum, aber bessere Qualität. Weniger Verkehr, aber bessere Organisation. Weniger Superreiche, aber bessere Vermögensverteilung. Weniger Bürokratie, aber bessere Administration.