Gesundheit

Einleitung

Unser Gesundheitssystem steht in einer Krise, die jedes Jahr grösser wird. Gesundheitskosten steigen für Patient*innen und Spitäler rasant, währenddem Erträge für die Pharmabranche und Krankenkassen explodieren. Mehr als 10’000 Pflegestellen sind unbesetzt, Tendenz steigend, aber der Bedarf an medizinischer Behandlung sinkt nicht. Es braucht starke Änderungen, um unser Gesundheitssystem aus dieser Krisensituation herauszuholen. Der Kanton Basel-Stadt kann diese Krisen allein nicht lösen, es braucht Änderungen auf Bundesebene. Dennoch hat Basel-Stadt als Bildungsstandort und Pharmazentrum einen erheblichen Einfluss.

Soziale Finanzierung unseres Gesundheitssystems

Die Finanzierung unseres Gesundheitssystems setzt ganz an den falschen Stellen an. Während Milliardendividenden für Pharma- und Versicherungs-Aktionär*innen ausgeschüttet werden, leiden Spitäler und Patient*innen unter steigenden Kosten, und medizinisches Personal leidet unter stagnierenden Löhnen und schlechter werdenden Arbeitsbedingungen.

Prämien und Gesundheitskosten steigen unkontrolliert in die Höhe. Patient*innen geben immer mehr für ihre Gesundheit aus. Immer mehr Menschen geraten wegen Gesundheitsausgaben in finanzielle Not. Die Gefahr, dass Menschen wegen hoher Gesundheitsausgaben auf Behandlungen verzichten, steigt immer mehr. Um der Bevölkerung mit steigenden Prämien zu helfen, gibt der Kanton Basel-Stadt immer mehr Geld für Prämienverbilligungen aus. Diese Entscheidung des Kantons ist die richtige und sollte noch ausgeweitet werden. Die Verantwortung der Pharmabranche, die mit steigenden Kosten Rekordprofite schreiben, ist aber aus den Augen der Regierung und des Parlaments geraten. Die Pharmabranche beutet Patient*innen, Spitäler und Personal aus und die Massnahmen zur Behebung der darauffolgenden Krisen betreffen nur die Steuerzahlenden und nicht die Grosskonzerne oder Aktionär*innen der Pharma. Die private und unregulierte Pharmaindustrie lässt Arzneimittelkosten in die Höhe schiessen und investiert fast nicht in Prävention oder Mittel zur Bekämpfung von antibiotikaresistenten Keimen, da diese Forschungszweige nicht profitabel genug sind. Die Verantwortung der Krankenkassen, die in ihrem Pseudo-Konkurrenzkampf das Geld der Versicherten durch bspw. Marketingkampagnen und Manager*innenboni verschwenden, wird auch nicht von der Regierung oder dem Parlament eingefordert. Es ist an der Zeit, dass der Kanton aktiver in unser Gesundheitswesen eingreift, um diese unnachhaltigen Zustände zu ändern.

Um eine soziale Finanzierung des Gesundheitssystems, das Gesundheit und Menschen vor kurzfristiger Profitlogik setzt, zu erreichen, fordern wir:

  • drastische Lohnerhöhungen für medizinisches Personal, vor allem für Pflegende.
  • strengere Einhaltung der Ruhezeiten für medizinisches Personal. Dies soll durch Spitäler umsetzbar gestaltet werden und der Kanton soll dies sicherstellen und beaufsichtigen.
  • eine Abschaffung der Ausbildungsgebühren für medizinisches Personal.
  • klar definierte Massnahmen, um medizinisches Personal gegen Gewalt und sexualisierte Gewalt zu schützen.
  • dass es in der Pflege genug Berufsbildner*innen gibt und genügend Personal pro Schicht, um die Qualität der Auszubildenden zu gewährleisten.
  • weitere Massnahmen des Kantons, um die Prämien zu senken.
  • dass der Kanton sich auf Bundesebene dafür einsetzt, dass tiefere Tarife und Arzneimittelpreise verhandelt werden.
  • dass der Kanton sich auf Bundesebene dafür einsetzt, dass eine schweizweite, einheitliche und öffentliche Gesundheitskasse eingeführt wird.
  • dass der Kanton das Monopol der Pharmaindustrie mit einem staatlichen und an nachhaltigen Werten orientierten Gremium durchbricht.

Psychische Gesundheit

Es wird überall darüber geschrieben und davon gesprochen. Es gibt zu wenig Therapieplätze, Menschen warten teilweise 6 Monate auf einen Therapieplatz, ambulant und/oder stationär. Davon sind auch Kinder & Jugendliche in einem hohen Ausmass betroffen. Dies bringt viele Menschen in eine verzweifelte und auch gefährliche Lage. Denn so können verschiedenste psychiatrische Erkrankungen nicht zeitnah behandelt werden, was zu einer schnellen Progredienz und somit zu einer späten Intervention führen kann. Der Freund mit einer beginnenden Depression, das Kind mit einer schweren Angststörung und die Kollegin, welche immer weniger isst, werden somit erst an einem Zeitpunkt therapiert, wo sie aufgrund der Akuität auf den Wartelisten ganz nach oben gerückt sind. Gerade mangelnde ambulante Plätze führen bei stationären Therapieplätzen zu grösseren Wartelisten. Psychische Gesundheit ist wichtig und muss ernst genommen werden.

Um den bestehenden Mangel an Therapieplätzen entgegenzuwirken und um präventiv gegen psychische Erkrankungen vorzugehen, fordern wir folgendes:

Der Kanton muss sicherstellen, dass Ausbildungskosten für angehende Psycholog*innen gestrichen werden. Denn die Kosten für die Ausbildung im Vergleich zu dem Lohn, den Assistenzpsycholog*innen kriegen, reicht meist für den Unterhalt einer erwachsenen Person nicht aus. Unter anderem werden im Verlaufe des Studiums eine Studiengebühr von 30’000 CHF sowie die Gebühr der Einzelsupervision, die ca. 15’000-18’000 CHF kostet, gezahlt. Somit sind die meisten Assistenpsycholog*innen auf die finanzielle Unterstützung von Familie, Freund*innen oder Partner*in angewiesen. Diese Ausbildungshürden verstärken den Therapieplatzmangel.

Wir fordern eine kantonal organisierte Kontaktplattform für Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen, wo Personen niederschwellig Zugang zu der für ihr Anliegen richtigen Fachperson erhalten und dabei bereits eine Triage stattfinden kann. Ausserdem soll dadurch ermöglicht werden, dass eine automatische Warteliste erstellt wird, wo die Dringlichkeit berücksichtigt wird und dadurch zusätzlich die administrative (in der Regel vergütungslose) Arbeit reduziert wird.

Wir fordern, dass der Kanton sicherstellt, dass an den Schulen, Kindergärten und weiteren Schulen genügend auf psychische Erkrankungen sensibilisiert wird. Dazu gehört auch, dass die Kinder und Jugendlichen zügig an den Schulpsychologischen Dienst weitergeleitet werden. Hier fordern wir, dass der Kanton sicherstellt, dass sich die Wartezeiten beim Schulpsychologischen Dienst auf maximal eine Woche beschränken. Das heisst auch, mehr Arbeitsstellen zu schaffen und das Konzept agiler zu gestalten.

Wir fordern, dass ein Rahmen geschaffen wird, wo alle Menschen aufgefordert werden, einmal pro Jahr einen psychologischen Check wahrzunehmen und dass dieser auch vom Kanton bezahlt wird. Dies soll präventiv wirken und wirkt so später gewissen Kosten entgegen.

Diskriminierungsfreier Zugang zu medizinischer/psychologischer Behandlung

Die Qualität der medizinischen und psychologischen Versorgung variiert stark und ist davon abhängig, wer betreut wird.

Wer weiblich gelesen wird, wird in der Hausarztpraxis oftmals weniger ernst genommen. Sei dies ein Myokardinfarkt, welcher als eine “normale” hormonelle Schwankung abgetan wird oder die Person bei Beschreib der Symptomatik als “hysterisch” eingestuft wird.

Jedoch ist das Problem der Genderbiased Medizin viel allumfassender. So werden einen Grossteil der Studien für Medikamente nicht an Menschen mit Uterus getestet, zudem gibt es allgemein sehr wenige Studien über Menschen mit Uterus, ausser es handelt sich um Prozesse rund um die Geburt. Dies hat zur Folge, dass viele medizinische Interventionen für Körper ohne Uterus entwickelt wurden.

Auch BIPoC werden im Gesundheitssystem diskriminiert, was die Versorgungsqualität stark beeinträchtigt. Noch immer gibt es unter dem Gesundheitspersonal viel Falschwissen, welches stark durch unsere kolonialistischen und rassistischen Strukturen geprägt sind. So beispielsweise die Vorstellung, dass schwarze Körper weniger schmerzempfindlich sind und somit weniger Schmerzmittel brauchen. Auch ist es noch immer gang und gäbe, dass bei der Messung von Nieren- und Lungenkapazität der Faktor race eingerechnet wird. Es ist ein Faktor, welcher auf der fälschlichen Annahme basiert, dass schwarze Menschen von “Natur aus” weniger Lungenkapazität haben und stärkere Muskeln haben. Beides führt dazu, dass die Kapazität fälschlicherweise als zu hoch berechnet wird und schwarze Menschen bspw. weiter unten auf der Transplantationsliste stehen. Allgemein führen die hochfrequenten Rassismuserfahrungen dazu, dass BIPoC eine eindeutig höhere Prävalenz für diverse psychische Erkrankungen haben.

Übrigens ist die Idee vom "Mamma Mia Syndrom" noch immer gang und gäbe. Es soll beschreiben, dass Menschen, welche als “südländisch” und ähnlich gelesen werden, bei der Symptomatikbeschreibung stets übertreiben.

Eine hoch vulnerable Personengruppe sind in der Schweiz vor allem auch Menschen, welche sich in Asylunterkünften befinden. In Asylunterkünften leben Menschen eng aufeinander, teilweise zwei Personen pro Quadratmeter, müssen sich eine Nasszelle teilen, welche oft fernab von hygienischen Richtlinien ist und haben nur sehr beschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Wer medizinische Unterstützung braucht, muss sich erst bei der Security melden. Die Security ist lediglich notdürftig ausgebildet und hat keine Kompetenzen bzgl. Einschätzung von medizinischer Akuität. Oftmals werden die Asylsuchenden dann nicht ernst genommen. Meist muss sich eine Lage maximal zuspitzen, bis eine Person ins Spital geschickt wird. Immer wieder leiden Asylsuchende, im Rahmen einer Post-traumatischen Belastungsstörung unter sogenannten dissoziativen Zuständen. Dies kann bspw. anmuten wie ein epileptischer Krampfanfall, ein Bewusstseinsverlust oder eine plötzlich einsetzende

Apathie. Immer wieder leiden Asylsuchende auch unter schweren Depressionen und somit unter Suizidalität. Auch hier wird meist nicht oder viel zu spät gehandelt.

Besonders betroffen davon sind Kinder und FLINTAs. Das sind die Menschen, welche höchstwahrscheinlich schon auf der Flucht Gewalt und mitunter auch sexualisierte Gewalt erlebt haben. In den Asylunterkünften sind es auch wieder sie, welche das Gleiche weiter erleben. Übergriffe sind an der Tagesordnung und sie werden nicht geschützt. Menschen, welche menstruieren, müssen zu einer Ausgabestelle gehen, wo sie nur eine “Tagesration” an Menstruationsprodukten beziehen dürfen. Dies sind oftmals nur vier bis fünf Binden und zwei Tampons. Viele menstruierende Asylsuchende trauen sich gar nicht erst zur Ausgabestelle, da sie sich schämen. Auch Windeln werden nur stark rationiert ausgegeben und oftmals müssen die Eltern (meist alleinerziehende FLINTAs) improvisieren. Somit ist die medizinische Grundversorgung allgemein im Asylwesen desolat.

Deswegen fordern wird;

  • dass bei allen medizinischen Studien, welche auch Menschen mit Uterus betreffen, diese in die Studie integriert sind.
  • dass während der Einführung für neues Personal im Spital/sonstige medizinische Einrichtung stark auf die Diskriminierung von FLINTAs, BIPoC und LGBTQIA+ Personen sensibilisiert wird.
  • dass die Studien bzgl. rassistischer Diskriminierung ernstgenommen werden und der Faktor race nicht ohne Weiteres, oder nur mit starker Begründung und Einwilligung der Patient*innen benutzt werden darf.
  • dass Menschen in Asylunterkünften, bei Bedarfsäusserung innerhalb eines Tages von einer medizinischen Fachperson gesehen werden. Dies beinhaltet auch psychische/psychiatrische Symptomatiken.
  • dass FLINTAs und Kinder in Asylunterkünften nicht mit Männern einen Raum teilen müssen und dass sie konsequent vor Übergriffen geschützt werden.
  • dass in Asylunterkünften uneingeschränkt, bzw. gemäss geäussertem Bedarf Hygieneartikel zur Verfügung gestellt werden und die Ausgabe von medizinischem Fachpersonal (MPA, FaGe etc.) unterstützt wird und bei Bedarf auch Beratung stattfindet.
  • dass in Asylunterkünften stets die Möglichkeit zu Dolmetschdiensten sichergestellt ist.