Das Frauenproblem der SVP

28.09.2016

Gross war die Empörung vieler, als Ende August Facebook-Kommentare von SVP-Grossratskandidat Stefan Christen in der medialen Berichterstattung aufgegriffen wurden. Christen äusserte sich über BastA!-Regierungskandidatin Heidi Mück folgendermassen: «Na, die würde nicht einmal ein Blinder vergewaltigen wollen». Christen griff mit dieser Aussage nicht nur Heidi Mück auf einem absolut nicht-existenten Niveau an, sondern bagatellisierte sexualisierte Gewalt im Allgemeinen.


Eine von fünf Frauen in der Schweiz erlebt mindestens einmal in ihrem Leben sexualisierte Gewalt, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, die Verurteilungsquote dagegen liegt bei rund drei Prozent.Trotz allem ergreift die SVP Basel-Stadt genau so wie nach den Äusserungen ihres Kandidaten Patric Aeschbach, der einige Wochen später ebenfalls auf Facebook verlauten lässt, dass Linke den Tod verdienen würden, keine Massnahmen. Diese Reaktion der Parteileitung offenbart einmal mehr das Frauenbild der SVP. Dass Frehner nicht reagiert, überrascht kaum. Es gibt aber noch andere Interessensgruppen innerhalb der Partei, von der zumindest eine öffentliche Distanzierung zu erwarten wäre: Die SVP Frauen, allen voran ihre Präsidentin, Tanja Steiner. Doch auch sie schweigt sich zu diesem Thema aus. Es kommt sogar noch besser: Einen Tag vor dem Zeitungsbericht in der 20 Minuten über die Beleidigungen von Christen posten die SVP Frauen Basel-Stadt ein Video auf Facebook, das genau ins Schema und Selbstverständnis dieser Gruppierung passt. Im gut fünfminütigen Video über Vergewaltigungen wird aufgezeigt, mit welcher Frisur, Tätigkeit, Kleidung oder Örtlichkeit die Wahrscheinlichkeit einer Vergewaltigung steigt. Im Umkehrschluss heisst das, es werden Tipps gegeben, wie man sich zu kleiden, frisieren oder zu benehmen oder zu sein hat, um sich vor Vergewaltigungen schützen zu können. Es ist offensichtlich, wie tief die SVP Frauen im Sumpf der Rape Culture feststecken. Der Ansatz, dass Frauen sich so zu verhalten haben, dass die Chance einer Vergewaltigung minimiert wird, endet auf die Spitze getrieben darin, dass sie sich vermummen oder am besten das Haus gar nicht mehr erst verlassen sollen. Da wiedersprechen sich die SVP Frauen aber zum Glück schon selbst, schliesslich ist das gepostete Video umgeben von Hetzartikeln gegen Burkas und Burkinis. Doch wofür genau setzen sich die SVP Frauen ein? Offensichtlich nicht dafür, dass Frauen, unabhängig ihres Hintergrundes selbstbestimmt leben können.«Die Frauensektion der SVP Basel-Stadt setzt sich für Frauen- und Familienthemen ein. Ebenfalls sind wir ganz klar gegen Diskriminierende (Frauen-)Quoten» (sic!) ist dem Facebookprofil zu entnehmen. Es ist eine schwierige Haltung, Frauenquoten frontal anzugreifen und gleichzeitig (zum Beispiel bei den Nationalratswahlen) eine eigene SVP-Frauenliste zu stellen anstatt diese mit den genau gleichen Argumenten abzuschaffen, was, wenn eine gewisse Konsequenz vorhanden wäre, das einzig Richtige wäre.. Wie radikal die SVP Frauen in ihrer bürgerlichen Gleichstellungsvorstellung sind, zeigt sich auch an den sorgfältig zurechtgelegten Sätzen auf der entsprechenden Plattform der Gleichstellungskommission des Kantons «Für mich ist Gleichstellung, wenn Männer und Frauen ohne Hindernisse Teilzeit arbeiten können und dazu noch den gleichen Lohn erhalten» ist das Statement von Tanja Steiner, einer von zwei Frauen der SVP, die sich die Zeit genommen haben, etwas zu diesem Thema zu schreiben. Dass die SVP Frauen nicht dazu da sind, um für die Rechte von Frauen zu kämpfen, offenbart ein letzter Blick auf ihre Facebookseite:


«Die Frauensektion der SVP Basel-Stadt fasst eigene Parolen und wurde im Oktober 2014 gegründet mit dem Ziel, Frauen auf SVP-politische Themen aufmerksam zu machen.» erklären sie sich selbst abermals. Es wird offensichtlich: Wer Frauen wählen möchte, die sich wirklich für Frauenrechte einsetzen und für die Gleichstellung auch ausserhalb der Lohnfrage zählen, für den sind die SVP Frauen keine Wahl. Diese Frauen vertreten genau die gleichen reaktionären Ansichten wie ihre männlichen Parteikollegen, die das Bild der Frau Zuhause am Herd zelebrieren.


Wer Frauen und damit auch unsere Demokratie und Gesellschaft stärken will, wählt links - und zwar am besten die JUSOs auf der Liste 5. Uns ist klar, dass sich die gesellschaftliche Gleichstellung nicht nur an der Lohngleichheit misst, sondern an vielen anderen Faktoren. Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der alle ihr Leben selbstbestimmt gestalten können - unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, Einkommen, Vermögen, Gesundheit oder Herkunft.


Wir warten übrigens immernoch auf eine Distanzierung der SVP von Aeschbach und Christen. Andererseits, wer distanziert sich schon von seinen Grundwerten.


Am 23. Oktober JUSOs auf der Liste 5 in den Grossen Rat und Heidi Mück, Elisabeth Ackermann, Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin in die Regierung wählen!